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(Gekürzte) Briefe aus dem Film – Karl-Heinz S. aus Dresden schreibt an Gerhard F. aus Stuttgart, 1962-1990
Wir bedanken uns sehr herzlich für die Bereitstellung der Briefe durch das Museum für Kommunikation Berlin!


Dresden, den 20. Januar 1962

Lieber Gerhard!

Herzlichen Dank für Deinen langen Brief! Da ich nun mal keine Briefschulden leiden kann, will ich ihn gleich beantworten – will sogar Deine Zeilen noch einmal durchlesen und auf Deine Fragen eingehen! Im Zeitalter der Koexistenz wird man sich nicht darüber streiten, sondern die Sonderheit des anderen respektieren – trotzdem wäre es ab und zu schön, wenn auch Du mal eine meiner Fragen beantworten würdest!? Zum Beispiel weiß ich bis heute noch nicht, wie Dir das Buch über die Gemäldegalerie gefallen hat! Bedenke bitte, daß wir uns eine ganze Reihe von Jahren nicht gesehen haben.

Es war uns ja allen klar, als Du vor 6 Jahren nach Stuttgart gingst, daß du nicht zurückkommen würdest. Wie ich lese, hast du in den Jahren die du drüben bist, doch schon einen schönen Teil unserer Heimat gesehen! Auch Österreich muß ja ganz herrlich sein. Hatte ich mich eigentlich schon für die Karte aus Tirol bedankt? Leider stehen uns ja solche Möglichkeiten nicht zur Verfügung. Dafür haben wir die im Nationalen Dokument festgehaltenen Perspektiven für die Zukunft unserer Nation und die unserer Urenkel! Aber wir haben nicht nur das: heute gab es zum ersten Mal nach 17 Jahren in unserer HO-Verkaufsstelle im Betrieb „Aal“. Leider gehörte ich nicht zu den Glücklichen, die ihn sich buchstäblich erstanden haben, aber die Hoffnung bleibt: vielleicht gibt es in 17 Jahren wieder welchen!?? Doch glaube bloß nicht, die schlechten Umstände könnten unserer Volksseele was anhaben. Allen Widerständen zum Trotz ist die Stimmung glänzend. Vor allem bei unseren werktätigen Menschen, die ja wissen: so wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben, und Westdeutschland werden wir auch überholen.

Ich will nun schließen und auf alle Fragen verzichten: Du berichtest wohl am besten selber über Dich und Deine bzw. Eure Familie! Richte viele Grüße an alle aus und sei selbst herzlich gegrüßt – wie immer… Karl-Heinz.



Dresden, den 20. September 1968

Lieber Gerhard,

im Namen der ganzen Familie recht herzlich Dank für Euer Liebesgabenpaket. Es bereitete uns große Freude. Leider muß ich bei den Hemden und Jacken immer mehr feststellen, daß unsere Maße – offenbar mit zunehmenden Alter!??? – sich von einander entfernen, d.h. in Deinem Jackett hänge ich wie „in Sachen meines Vaters“! Ich habe ja durch den Zucker über die Jahre 20 Pfund verloren! Das ist offenbar doch ein gewaltiger Unterschied, und es ist auch beim besten Willen und aller Geschicklichkeit meiner Frau nicht möglich, etwa die Jacken in einem derartigen Maße zu verändern und zu verkleinern – trotzdem herzl. Dank für Eure Mühe! Vielleicht badest Du mal heiß, damit Du ein wenig schrumpfst!??

Warum kommt denn niemand aus Eurer Verwandtschaft einmal hierher, dem man etwas mitgeben könnte!! Warum kommt eigentlich niemand von Euch einmal zur Leipziger Messe!? Wir gern gäbe ich etwas für Dich mit!! Sonst wird's wohl zu Weihnachten nur wieder auf Stollen hinauslaufen!! Oder mögt ihr sie nicht mehr??

Da uns ökonomisch und wirtschaftlich wenig hinter den Ofen hervorlockt, berichte ich lieber von der Kultur: Unser Schauspiel interessierte wieder einmal. „Der Besuch der alten Dame“ von Dürrenmatt wurde zu einem hervorstechenden Ereignis, und man hat seit langem über kein Stück so nachgedacht und diskutiert wie über dieses! Kennst Du die Geschichte von der Multimillionärin, die mit ihrem Gelde alles tun kann: die Notbremse ziehen und das Leben eines Menschen kaufen!?? Hier sieht man die Ideologie des verfallenden Kapitalismus – unsere Menschen sind der Versuchung durch das Geld nicht ausgesetzt – heißt es offiziell. Aber wenn man den Kampf um 10 oder 20 Mark Prämie sieht, dann zweifelt man doch, ob auch in unseren Breiten erst eine halbe Milliarde nötig wäre, um die Menschen ihre Humanität verleugnen zu lassen! Wenn wir doch nur mehr solche Stücke herüber bekämen!! Es ist nicht unser Jammer, daß wir nur 5 Käsesorten haben oder 3 Wurstsorten, sondern daß wir systematisch von aller westlichen Kultur abgeschnitten und verblödet werden. Ich heiße gewiß nicht blindlings alles gut, was man bei Euch spielt oder liest, aber zum Teufel noch einmal: man soll es doch spielen und zur Diskussion stellen.

Genug für heute! Laß es Dir gut gehen und grüße Deine Eltern herzlich von uns, wie wir Dich grüßen, Karl-Heinz und Familie.



  















Dresden, den 6. Juli 1979

Lieber Gerhard,

die Beantwortung Deines langen Schreibebriefes wurde deshalb immer wieder verschoben, weil es mir gesundheitlich nicht gut ging und ich einfach zu rein gar nichts Lust hatte… Ich wurde zwar von einem Arzt zum anderen geschickt – aber letzten Endes ging es nicht voran.

Ich kann weder schlafen noch – vor tauben „Füßen“ – laufen, habe Magenschmerzen und nahm wieder einmal 6 Pfund ab. Hoffentlich bestätigt sich die Diagnose nicht, daß die Beschwerden Folgeerscheinungen meiner Diabetes sind. Die Ärzte hier sind damit restlos überfordert.

Deinen Reisebericht haben wir sofort mit dem Schulatlas in der Hand und mit großer Spannung und Interesse verfolgt und verschlungen. Schön, wenn die Welt einem offen steht und man gleich in 3 oder 4 Länder, noch dazu mit verschiedener Gesellschaftsordnung und Mentalität, fahren kann – Dubrovnik muß sehr malerisch sein, von Venedig sangen ja schon die alten Dichter. Na, und Luganer und Gardasee mit der Ideal-Verbindung Wasser, Berge und südl. Klima sind ja wohl die Krönung jeder Reise!? Jedenfalls, wenn es dort nur halb so schön ist, wie auf den Ansichtskarten, würde es schon reichen…

Unsere Urlaubstage dieses Jahr sind schnell erzählt. Im Juni eine Woche FDGB-Urlaub im Osterzgebirge. Die kurze Anreise mit dem Bus und die eine Woche Waldluft waren sehr erholsam. Für den Sommer lief eine Bewerbung um einen Platz in Thüringen, der leider nicht klappte. So blieben uns diesmal nur die Ausflüge in der sächsischen und böhmischen Schweiz. Aus Erfahrung nahmen wir unsere Verpflegung wieder selber mit. Es ist schwer dort eine offene Gaststätte zu finden. Die wenigen „dienstbereiten“ sind überfüllt, für FDGB-Urlauber reserviert und auf jeden Fall mit Selbstbedienung… und das heißt wieder Schlange stehen… Da sind uns unsere Thermoskannen Kaffee und selbstgeschmierte Brote lieber.

Schluß für heute, die 3. Folge des sowj.-am. Filmepos vom Gr. vaterländischen Krieg, die „Blockade von Leningrad“, mit Burt Lancaster als Kommentator, läuft im FS. Das wollen wir uns mal ansehen!

Nochmal Dank für alles, wie immer herzliche Grüße, Karl-Heinz und Familie



Auszug aus einem Brief Anfang der 70er Jahre:

Lieber Gerhard,

endlich wieder ein Lebenszeichen aus Stuttgart! Wir hatten Dich
schon für verschollen gehalten! Freilich, unter den von Dir geschilderten Umständen ist die lange Schreibpause verständlich.
Die Pflichten eines Haushalts, wenn beide Partner arbeiten gehen, sind doch an den kurzen Feierabenden bzw. Wochenenden relativ groß. Meine Briefe schreibe ich übrigens ausschließlich in der Frühstücks- oder Mittagspause im Betrieb – zu Hause hätte ich keine Zeit und Muße dazu. Hab ich dir schon erzählt, daß der alte Musch seit Monaten schwer krank ist, offenbar die Nerven, Schlaganfall – der Kopf ist ganz schief. Man spricht von Rente. Ein Opfer des Berufs. Du siehst also, wie zäh und verbissen wir im Betrieb um die Planerfüllung kämpfen. Es darf schließlich ja kein „Vakuum“ eintreten in unserem harten Kampf um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen. Auch nicht unter den veränderten Voraussetzungen auf dem Energiesektor. Wie wirkt sich denn die Ölknappheit bei euch aus?? Man liest hier immer von benzinfreien Tagen und Rationierung und Auswirkungen auf allen Gebieten, vor allem für die Autofahrer – bezieht sich das bisher nur auf die USA oder auch schon auf die BRD?? An eine Energie-Rationierung seid ihr doch gar nicht gewöhnt… ihr wurdet doch immer eher zur Verschwendung erzogen, je mehr Verbrauch, desto billiger!!?? Das wird sicher eine hartes Brot für die jetzige und künftige Regierung!



Auszug aus einem Brief von 1976:

Wir kannten den Harz überhaupt noch nicht und sind doch nun begeistert! Die Gegend vor dem Brocken zum Beispiel. Etwa das wunderschöne Wernigerode oder Thale, d. h. der Ort ist nichts, aber die bekannten Felsen Roßtrappe, Hexentanzplatz, die Felsenbühne bzw. das ganze Bodetal. Auf den Brocken darf man ja nicht. Wir fuhren nur mal mit der Harzquerbahn durch Sorge und Elend, direkt am Stacheldraht entlang…



Dresden, den 21. April 1980

Lieber Gerhard,

herzlichen Dank für Eure Glückwünsche zu meinem Geburtstag! Allerdings stand er noch ganz im Schatten der Reise-Ablehnung
meiner Frau, d.h. vor allem in der Art und Weise, wie das geschah – nämlich ohne jeden Grund! Nun, man hat sicher seine „Auflage“ oder nicht einmal die 15 Westmark zum Tausch. Die Devisen sollen ja im Land bleiben. Außerdem spielen ja sicher Olympia-Boykott u. Afghanistan mit rein…, aber irgendwelche menschlichen od. persönlichen Belange stehen gar nicht zur Debatte. Es ist halt reine Willkür, anders kann man es nicht nennen! Sehr schade für meine
Frau – wer weiß, ob wir noch jemals eine solche Gelegenheit haben werden, angesichts der sich auf allen Gebieten rapide verschlechternden polit. Lage.

Nochmals Dank für Deinen Kurzbrief und die beigelegten Kritiken, die ja immer das einzige sind, was wir von Bayreuth, Salzburg u. a. hören. Einen Artikel hättest Du nicht senden dürfen – aber das konntest Du nicht ahnen: ich sehe mir natürlich auch die Rückseiten an… und fand den Teil einer überschwenglichen Schallplattenrezension: „Jessye Norman singt Lieder von Strauss“. Der Kritiker meinte, die Norman singt aus der Fülle mit fast nie zuvor so erfaßtem Gefühl, und da ich Strauss-Lieder über alles liebe, rann es mir heiß und kalt den Rücken hinunter und wieder herauf! Was kostet eine solche Platte?

Herzliche Grüße, Karl-Heinz und Familie



Dresden, den 25. Oktober 1984

Lieber Gerhard,

sicher seid Ihr nach Eurm so kurzfristig geänderten Urlaub längst wieder „an den Ketten“, um die darniederliegende Wirtschaft der
BRD anzuheben?

Nun, bei uns hat Christa ja auch endlich Eindrücke in Westdeutsch-
land sammeln können. Hoffen wir, daß alle zukünftigen Reiseanträge nun auch positiv ausfallen! Sie hat gesehen, wie sehr sich die beiden deutschen Staaten voneinander entfernt haben und daß sie sich offenbar immer weiter auseinander entwickeln. Sie meinte, einen gewissen Auflösungsprozeß der Gesellschaft im Westen festgestellt
zu haben und einen Individualismus in Begleitung mit einer nicht gekannten Unterordnung unter Modeerscheinungen. Eine Art Rauschgift vielleicht?

Wir hören auch immer öfter Berichte über eure Wirtschaftslage. Man hört und liest ja immer wieder, daß Kranke vorzeitig entlassen
werden oder zumindest, wenn Einschränkung geboten ist… und daß sich niemand traut, sich krankschreiben zu lassen!? Die Arbeitslosigkeit ist wohl das Problem Nr. 1 in der westl. Welt – mußt
Du oder müßt Ihr beide auch um Euren Arbeitsplatz Sorge haben?
Herzlichen Dank wegen Deinem Angebot wegen Medizin, aber ich glaube, zur Zeit komme ich hier aus. Wenn im Winter mal akuter Obstmangel ist, komme ich gerne auf Dein Angebot zurück. Eine
Bitte: wegen der auf allen Gebieten angezogenen Positionen sende nur rein kulturelle Artikel.

Laßt es euch gut gehen, herzliche Grüße Dir und Deiner Frau, Karl-Heinz und Familie



Dresden, den 11. Juli 1986

Lieber Gerhard,

eben hören wir von dem neuen Bombenanschlag in Straßlach bei Euch, und ehe es zu weiteren kommt, hoffen wir, daß Dich unser Brief noch vorher erreicht. Spaß beiseite: was ist das nun wieder für ein großer Blödsinn in einer Gesellschaft, die vor lauter Übermut und Überfluß von einer Dummheit in die andere fällt??! Da kommt man sich schon langsam minderwertig vor, daß man nicht wild um sich schießt oder kein Flugzeug entführt, ja nicht einmal eine Bank beraubt oder zumindest eine Verbrecherjagd vom abendlichen Fernsehsessel aus verfolgen kann und nun legen die Leute sich schon gegenseitig Bomben in die Autos und Bahnhöfe! Wir hoffen, daß Dein Wagen davon verschont bleibt. Langsam kann man ja zu der Einsicht kommen, daß der Sozialismus doch die stubenreinere Sache ist.

Doch ich denke, ich werde dieses Thema nun vorerst auf sich beruhen lassen, da ich befürchte, daß Euer Verfassungsschutz sich für Dich und Deine Ostkontakte interessieren könnte. Er hat doch – wie ich jetzt las – ein ausgeklügeltes System der Überwachung von ca. 4 Millionen BRD-Bürgern geschaffen, sicher auf dem letzten Stand der EDV und Datenverarbeitung aufgebaut. Und vielleicht wirst Du noch stärker als zuvor bespitzelt.

Etwas sehr betrübliches zum Schluß. Leider starb vor 3 Wochen
unser geliebter Wellensittich Pitti, dem wir alle sehr nachtrauern,
weil er mit seinem großen Wortschatz viel Freude machte. Genau
so hart trifft uns der Ausfall der BRD-Kaffeemaschine, deren Heizung den Geist aufgab – seitdem brühen wir unseren Kaffee wieder wie
die alten Germanen… treudeutsch!

Bleibt munter und schlagt Euch durch den bundesdeutschen Alltag.
Dir sehr herzliche Grüße und alle guten Wünsche! Karl-Heinz



Dresden, den 5. November 1988

Lieber Gerhard,

herzlichen Dank für Deinen großen Brief vom 2. Oktober und Eure Grüße und guten Wünsche! Ja, man wurde es kaum gewahr: tatsächlich sind's inzwischen 3 Monate seit unserem Wiedersehen, die Zeit verrast – und manchmal ist's wie ein ferner, schöner Traum, daß ich Euch endlich mal sehen konnte.

Ja, lang ist's her! Natürlich ist man hier nach einigen Wochen doch wieder im alten Trott… denkt wieder im Kollektiv und schreibt Beiträge fürs Brigadetagebuch. Alle machen es so, warum also gerade ich nicht? Es bringt nichts, weder für mich noch für die Wirtschaft oder Gesellschaft. Alles gammelt weiter, im Schmutz und Chaos, im allgemeinen Durcheinander und Weiterwursteln… In letzter Zeit kommt die Ausreisewelle wieder arg in Gang, viele Kollegen, die seit Jahren auf die Genehmigung warten, bekommen jetzt Bescheid. Gestern zogen wieder Leute aus unserem Wohngebiet via Düsseldorf. Es sind schon Tausende weg und wir sehen immer Möbelwagen vor Nachbarhäusern. Keiner kommt je wieder, jeder findet irgendeine Arbeit od. bekommt Unterstützung, und sogar die offizielle Behauptung, Zehntausende wollten so gern aus Not und Elend zurückkommen, ist nicht mehr zu hören… Die, die bleiben müssen dabei zusehen, wie unsere Grenzen immer enger werden: die Reisen in die ?SSR sind nun praktisch auch für uns gestorben. Ungarn war ohnehin schon nicht mehr möglich, nun fällt auch die ČSSR weg. Freuen uns, daß wir 1987 noch einmal im Riesengebirge und in der Tatra waren!

Wir hoffen trotz allem auf ein gutes, freundliches 89. Habt Ihr Wünsche für Weihnachten? Außer einem kleinen Delikat-Stollen!?

Dir herzliche Grüße und die Bitte nach einem Urlaubsbericht! Eure 3 Sternbergs



Dresden, den 11. Dezember 1989

Lieber Gerhard,

schnell ein Lebenszeichen von hier. Was ist nicht alles geschehen seit unserem letzten Brief? Wir erleben die größte und schlimmste Krise der Machthaber seit 40 Jahren und eine katastrophale Lage in allen Bereichen der Volkswirtschaft. Wir müssen unsere normalen Menschenrechte erkämpfen und ein selbstständiges Denken werden wir sofort wieder lernen. Wen man jetzt alles in den Kirchen antrifft, glaubt man nicht, viele sogar das erste Mal im Leben. Was vor 4 Wochen mit Zuchthaus bestraft wurde, ist jetzt erlaubt. Derweil werden die Demos immer aggressiver, mit mehr Wucht fordern die Menschen die „Wiedervereinigung“. Hoffen wir alle, daß es zu keinem Blutbad kommt. Sollten die Umstände es wollen und wir benötigen Medikamente, werden wir schreiben müssen.

Sehe eben in Berlin verläuft alles normal! Unser Fernsehen hat sich verändert, ja man kann sogar unsere Zeitungen wirklich lesen. Was wird werden? Wir wollen alle bleiben! 40 Jahre Stacheldraht hat Spuren hinterlassen.

Herzliche Grüße eines Freundes aus dem anderen Deutschland Karl-Heinz und Familie.



Dresden, den 2. September 1990

Lieber Gerhard,

Ein Kartengruß von hier. Danke für die Nachfrage nach meiner Gesundheit. Bei mir wirkte der Krankenhausaufenthalt und die Umstellung auf Insulin noch nicht – wie man hört, dauert das seine Zeit. Dank auch für die hochinteressanten Beiträge! Man kommt in diesen so schnelllebigen Zeiten doch kaum noch dazu ein Buch zu lesen: tags ist man restlos mit der Lektüre der Zeitungen ausge-
lastet und abends sitzt man vor der Glotze und sieht aktuelle Nachrichten.

Die Wende ist fast schon Geschichte. Die Einheit steht noch aus. Am Ende bleibt nur eine Frage: Wo wird uns der Kapitalismus hinführen?

Laß es Dir gut gehen und schreib bald mal wieder Karl-Heinz



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